Achtsames Leben - Was kostet das Glück?

Alle Menschen sehnen sich nach dem Glück. Die Wege dahin sind allerdings sehr verschieden. Was glauben wir nicht alles zu brauchen, um glücklich werden zu können? Eine Tasse Tee, ein Haus im Grünen oder eine Weltreise? Wie viele äußere Bedingungen scheinen uns doch von der inneren Erfüllung abzuhalten? Der Krach beim Nachbarn, die verschüttete Milch, die Weltlage oder die Entscheidung von Politiker*innen. Manchmal sind es sogar die liebsten Menschen, welche unserem Glück im Wege zu stehen scheinen. Ist das nicht seltsam?

Und dann gibt es wieder Momente, in denen das Glück unvermittelt aufscheint – wie ein Sonnenstrahl, der seinen Weg durch den nebelverhangenen Morgen findet. Nichts hat sich verändert. Alles ist, wie es immer ist, und doch fühlen wir uns urplötzlich innerlich frei und zutiefst beschenkt.

 

Das Glück im gegenwärtigen Moment

Was ist also das Glück, und wo finden wir es, wenn es sich unvermittelt in Momenten einstellen kann, in denen wir einfach nur „da sind“ und friedlich auf einer Bank sitzen? Vielleicht dämmert uns in diesen Momenten, dass Glück nicht von den äußeren Umständen und unseren Vorstellungen über ein erfülltes Leben abhängt, sondern ein natürlicher Aspekt davon ist, in der Gegenwart anwesend zu sein.

Ist das nicht überraschend? Glücklichsein als ein natürlicher Bestandteil von Unmittelbarkeit? Wenn das wahr ist, wie nah ist dann doch immer das Glück. Und was tun wir nicht normalerweise alles dafür, um „unser Glück zu machen“? Wie viel Anstrengung nehmen wir oft dafür in Kauf? Und wie teuer scheint das Glück oft zu sein, wenn wir es von einem Auto, einem Haus oder einem Urlaub abhängig machen.

 

Wie wir uns verengen

Was kostet also das Glück? Ganz klar, wenn wir unser Glück an einen teuren Konsumgegenstand hängen, dann kostet es auch so viel. Mit anderen Worten, das Glücklichsein hängt entscheidend von unseren Vorstellungen ab. Vorstellungen wirken nämlich wie ein Filter, der unsere Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Punkt verengt. Solange wir uns an eine bestimmte Vorstellung klammern und diese verfolgen, können wir nur glücklich werden, wenn sie sich erfüllt.

Kaum hat sie sich aber erfüllt, fällt die Vorstellung und die damit einhergehende Anspannung ab und es wird wieder weit in uns. Unser Herz öffnet sich und Glücksgefühle und Lebensenergie werden ausgeschüttet. Glücklichsein ist also ein Moment der inneren Öffnung, in welchem alle Vorstellungen abfallen oder zurücktreten.

 

Ein Moment der Öffnung

Glücklichsein ist somit kein Gefühl, auch wenn solche Momente vielleicht von schönen Gefühlen begleitet werden. Glücklichsein ist vielmehr ein innerer Seinszustand von Offenheit, von Entspannung und Weite. Dabei wird nicht nur der Verstand von eingrenzenden Vorstellungen befreit, auch unser Herz öffnet sich und wir empfinden die Schönheit und Fülle des Lebens. Vereinfacht könnten wir daher sagen: Glücklichsein ist die Frucht eines offenen Herzens.

Wenn wir das auf diese Weise betrachten, ist das Glück doch eigentlich ein sehr grundlegender Zustand, in welchem sich unsere Natürlichkeit offenbart. Denn wann sind wir natürlicher als in einem Zustand der Entspannung und der Offenheit?

 

Glücklichsein als natürlicher Grundzustand

Eigentlich ist Glücklichsein das Gegenteil von Sich-Bemühen, von innerer Anstrengung und von geistiger, seelischer und körperlicher Enge. Es ist das Gegenteil von Festhalten an Dingen, an Zielen und inneren Ansprüchen. Erst wenn wir all unser Wollen für einen Augenblick loslassen und uns in den Augenblick hineinentspannen, kann sich unsere Natürlichkeit entfalten. Unser Blick wird wieder weit und wir werden berührbar für alles, was uns in der Gegenwart zufließt. So betrachtet, ist das Glücklichsein kein besonderer, außergewöhnlicher Moment, sondern der natürliche Grundzustand unserer Seele. Wie viele Menschen das wohl so sagen würden?

Was kostet das Glück? Gar nichts. Wir könnten genauso gut antworten: Es kostet all unsere geistigen Filter – all unsere Vorstellungen, die uns verengen und uns von der natürlichen Offenheit und dem Reichtum der Gegenwart abhalten.

 

ÜBUNG: Der natürliche Grundzustand von Glücklichsein und unsere geistigen Filter

 

  • Reflektiere über deine wichtigsten geistigen Filter: Was lässt mich geistig oder seelisch verengen? Was glaube ich, dass in der Zukunft geschehen muss, damit ich glücklich sein kann? Welche Vorstellungen verbinde ich mit Glück? Welche äußeren Umstände scheinen mich vom Glück abzuhalten?

  • Nimm jetzt die Vorstellung, die dich gerade am meisten besetzt (oder immer wieder besetzt) und untersuche die innere Wirkung dieser Vorstellung: Gib dich in diese Vorstellung hinein und spür, was dabei im Körper geschieht. Welche Bereiche spannen sich an? Wie atmest du dann? Was geschieht mit deiner Aufmerksamkeit und deiner Lebensenergie? Drücke das innere Erleben im Körper in einer ganzkörperlichen Gebärde aus und fühle, in welche innere Welt du dann kommst. Lass dazu auch ein phantasievolles Bild und Worte auftauchen. Welches Lebensgefühl entsteht, wenn dich diese Vorstellung besetzt?

  • Dann streck dich ganz bewusst, atme mehrmals tief durch und frage dich: Was breitet sich in Körper und Seele aus, wenn du von dieser Vorstellung frei bist? Lass dich überraschen, was sich jetzt spontan zeigt und lass dir Zeit in diese Empfindungen tiefer einzutauchen…

  • Wie bist du und wie lebst du, wenn du frei von Vorstellungen in deinem natürlichen Grundzustand von Glücklichsein bist? Wie erfährst du dann den Augenblick und wie schaust du von hier aus aufs Leben?